Neutralität: Politische Akteure unterstreichen ihre Bedeutung
Am 15. Mai 2023 wurde der 70. Jahrestag der Unterzeichnung des österreichischen Staatsvertrags gefeiert, der am selben Tag im Jahr 1955 von der österreichischen Regierung sowie den Vertretern der vier Besatzungsmächte USA, Großbritannien, Frankreich und Sowjetunion im Schloss Belvedere unterzeichnet wurde. Im Rahmen einer feierlichen Sitzung im Parlament betonten die Mitglieder des Nationalratspräsidiums, Walter Rosenkranz (FPÖ), Peter Haubner (ÖVP) und Doris Bures (SPÖ), die Bedeutung des Staatsvertrags und dessen Relevanz in der heutigen Zeit.
Der Staatsvertrag und seine Bedeutung
Nationalratspräsident Walter Rosenkranz bezeichnete den Staatsvertrag als eine „weltliche Reliquie der jüngeren österreichischen Geschichte“. Er hob hervor, dass bereits vor der Unterzeichnung alle Parteien die Neutralität angestrebt hatten, ein Grundpfeiler der österreichischen Außenpolitik. In seiner Rede erinnerte Rosenkranz an die „immensen Anstrengungen“, die der Vertragserklärung vorausgingen, und schloss mit der Botschaft: „Es lebe die Republik Österreich!“
Rosenkranz verneigte sich zudem mit großem Respekt vor den Staatsmännern jener Zeit und forderte eine aktive Umsetzung des Staatsvertrags, insbesondere des Artikels 7, der die zweisprachigen Ortstafeln für die Volksgruppen in Österreich vorsieht. Diese Aufforderung zur aktiven Gestaltung des Staatsvertrags wurde auch von seinen Amtskollegen aufgegriffen.
Reflexion über die Geschichte und die Zukunft
Der Zweite Nationalratspräsident Peter Haubner erinnerte in seiner Ansprache daran, dass Österreich mit dem Staatsvertrag „aus den Trümmern des Nationalsozialismus“ emporstieg. Er betonte, dass der Staatsvertrag mehr als ein juristisches Dokument sei; er stelle einen lebendigen Auftrag dar, der täglich neu bewährt werden müsse. „Freiheit, Demokratie und Neutralität sind nicht selbstverständlich“, stellte Haubner klar und verdeutlichte die Verantwortung, die mit diesen Prinzipien einhergeht.
Doris Bures, die Dritte Nationalratspräsidentin, würdigte die „Meisterleistung“ der österreichischen Diplomatie und sprach darüber, wie die Neutralität Österreichs 70 Jahre Frieden und Sicherheit gebracht habe. Sie rief dazu auf, die Tradition der Friedenspolitik wiederzubeleben, um die Rolle Österreichs als Drehscheibe für internationale Zusammenarbeit zu stärken.
Feierlichkeiten und Erinnerungen
Im Rahmen des Festaktes im Parlament teilten auch der ehemalige Bundespräsident Heinz Fischer (SPÖ) und der frühere Nationalratspräsident Andreas Khol (ÖVP) ihre persönlichen Erinnerungen an die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und die Bedeutung des Staatsvertrags. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung von den Wiener Sängerknaben, die das Stück „Wiener Blut“ von Johann Strauss Sohn aufführten – ein Lied, das auch bereits bei der Feier nach der Vertragsunterzeichnung im Jahr 1955 gespielt wurde.
Am Abend fand im Schlossgarten des Belvedere eine weitere Feier statt, bei der das Bundeskanzleramt eingeladen hatte. Eine Ehrenformation des Bundesheers war Teil der Zeremonie, die den historischen Kontext des Staatsvertrags feierte und die Errungenschaften der österreichischen Diplomatie der letzten 70 Jahre würdigte. ORF III übertrug den Staatsakt live und bot im Anschluss eine Dokumentation über die Ereignisse rund um den 15. Mai 1955 an.
Quelle: https://orf.at/stories/3393587/
